Interview für den Nuclear Blast Katalog, telefonisch am 27.02.04 mit
Kathy Schütte, die dann diesen Text daraus machte ►back
GOLEM dürften all' denjenigen ein Begriff sein, die etwas mit komplexem Metal
der extremen Schiene anfangen können. Bereits vor 15 Jahren formierten sich die
Brandenburger Death-Pioniere, brachten aber – bedingt durch eine bewegte
Bandgeschichte und diversen Labelproblemen – bislang nur zwei Alben ("Eternity –
The Weeping Horizons" 1996 und "The 2nd Moon" 1999) auf den Markt und schafften
so nie ganz den Sprung aus dem Underground heraus. Was sich jetzt mit dem neuen,
ambitionierten Album "Dreamweaver" grundlegend ändern sollte – zu wünschen wäre
es den unverwüstlichen Jungs allemal.
"Ich bin nicht so firm bei Telefoninterviews" wiegelt Gitarrist und Sänger
Andreas Hilbert gleich zu Anfang sympathisch ab, "aber wir werden das schon
irgendwie deichseln, oder?" Klar werden wir!
"Ich denke mal, es liegt daran, dass wir nicht immer die Unterstützung von
Seiten der Plattenfirmen hatten, die wir gebraucht hätten", versucht Andreas dem
Problem des Noch-Status der Band als Geheimtipp auf die Spur zu kommen. "Unsere
Musik ist ja doch sehr speziell, auch im Death-Bereich. Und vielleicht haben
auch wir selbst nicht genug dafür getan – genauso wie andere zu wenig für uns."
Neben dem Business meinte es auch das Schicksal in den vergangenen Jahren
wahrlich nicht immer leicht mit GOLEM, so verlor die Band Anfang der 90er gleich
zwei Mitglieder durch tragische Todesfälle. Trotzdem: Auflösen Fehlanzeige. "Was
uns bei der Stange gehalten hat ist die Tatsache, dass wir diese unsere Musik
einfach mögen und gerne machen", so Andreas. "Und so lange wir die Möglichkeit
haben, Platten zu veröffentlichen und die Leute das hören wollen, werden wir das
auch noch machen."
Warum dauerte es nach "The 2nd Moon" ganze fünf Jahre, bis nun endlich das neue
Album "Dreamweaver" das Licht der Welt erblickte? Dafür gibt es, neben bereits
genannten allgemeinen Problemen, mehrere Gründe. "Faktor Nr. 1 war, dass uns
unser langjähriger Schlagzeuger nach 'The 2nd Moon' verließ, das hat uns auf
jeden Fall beim Einarbeiten des neuen Material gehemmt", erzählt GOLEM Kopf
Hilbert. "Wir mussten dann ja auch erst mal jemand Neues finden, der überhaupt
bereit war, sich in diese Materie reinzudenken." Und im Endeffekt dauerte die
Produktion von "Dreamweaver" dann doch etwas länger als von der Band
ursprünglich anberaumt. "Nun ja, wir machen das ja alles nicht professionell und
nebenbei noch andere Sachen, das gab auch immer Schwierigkeiten mit den
Zeitplänen." Somit verwundert es nicht, dass ein Großteil des
"Dreamweaver"-Materials bereits um 2001 rum fertiggeschrieben war.
Das fertige Werk ist summa summarum sowohl sehr atmosphärisch als auch komplex
ausgefallen, heftig-prügelnde Death-Parts ergänzen sich mit Elementen der
Klassik. "Früher wurde uns ja oft vorgeworfen, dass wir sehr nach CARCASS
klingen würden. Ich hoffe mal, dass das jetzt endgültig ein Ende finden wird",
kommentiert Andreas GOLEMs Entwicklung und geht noch deutlicher ins Detail: "Ich
finde, dass das neue Material wesentlich eingängiger konstruiert ist als die
alten Sachen, wenn auch nicht so 'poppig', mal ganz krass ausgedrückt. Zumindest
war es unser Anliegen, dass 'Dreamweaver' von der Struktur her eingängiger wird,
während es bzgl. Harmonie und Melodie vielleicht etwas komplexer geworden ist."
Angesprochen auf den ständigen früheren Vergleich von GOLEM mit CARCASS redet
sich der sonst so ruhige Gitarrist und Sänger ein klitzekleines Bisschen in
Rage. "Ich gebe zu, dass CARCASS große Helden von mir gewesen sind. Wir haben
mit GOLEM dieselbe Stilrichtung des Death Metals verfolgt und weil das
vielleicht so wenige Leute getan haben, wird man schnell mit dieser Band
verglichen. Also stilistisch sind da gewisse Ähnlichkeiten nicht zu verleugnen,
aber uns mit CARCASS gleichzusetzen, das finde ich dann doch ein bisschen viel.
Das hat uns seit jeher sehr gestört und es ist auch ein großes Anliegen von uns,
davon wegzukommen. Wir wollen uns nicht als Kopie dieser Band sehen." Gäbe es
denn andere Bands, mit denen verglichen zu werden Andreas besser klarkommen
würde? "Für mich persönlich spielen auch Einflüsse von Künstlern wie AT THE
GATES und MORBID ANGEL eine Rolle, aber trotzdem sind uns so Vergleiche
allgemein eigentlich ziemlich unlieb."
Live wird es GOLEM und ihr "Dreamweaver" u.A. beim diesjährigen Party.San Open
Air zu bewundern geben, weitere Gigs im Zuge einer kleinen Tour sind ebenfalls
geplant. "Wir spielen sehr gerne live, durch die ganze Produktion hat sich da
aber bislang leider nicht so viel ergeben. Ich hoffe mal, dass wir - mit der
ganzen Arbeit, die jetzt geschafft ist - ein bisschen mehr Freiraum haben, live
zu spielen."
Und danach? Wird es wieder fünf Jahre dauern, bis der geneigte GOLEM Fan ein
neues Album zu hören bekommt? "Das kann ich wirklich nicht sagen", lacht
Andreas. "Es ist vorher immer schwierig, irgendwelche Prognosen abzugeben. Es
kann alles passieren. Aber erst mal sind wir gespannt auf die Reaktionen zu
'Dreamweaver'."
Dito!
Kathy Schütte